Legal Highs – Die unterschätzte Gefahr | reporter



Legal Highs sind seit Jahren ein wachsendes Problem in der Drogenszene – neue, zum Teil völlig unerforschte Stoffe überschwemmen per Seeweg aus China den Markt. Gerade bei jungen Leuten sind die Stoffe beliebt, weil sie sich zum Großteil legal im Internet bestellen lassen – das Darknet ist dafür häufig nicht mal nötig. 2016 sollte ein Gesetz dem Verkauf von Legal Highs Einhalt gebieten. Tatsächlich ist nun eine Vielzahl an Stoffverbindungen verboten. Am Markt hat das wenig geändert: Denn nicht nur, dass sich auch verbotene Substanzen zum Teil noch immer im Clearnet bestellen lassen, es werden pro Jahr auch über 200 neue Stoffverbindungen auf den Markt gespült.

Angestachelt zu immer mehr und härterem Drogenkonsum wird man auch in den sozialen Netzwerken. Vor allem auf Facebook gibt es Communitys, die sich für einen Austausch über Substanzen und Konsum gegründet haben. Die Journalistin Isabell Beer hat für die ZEIT ein Jahr lang in den Communitys recherchiert und herausgefunden, dass darin auch aktiv gedealt wird und viele Gruppen riskante Ratschläge zum Konsum geben. Immer wieder befänden sich die Nutzer im Rauschzustand, sagt Beer und gäben dann schlechte Ratschläge oder stachelten sich gegenseitig zu immer höheren Dosen an.

Dabei kann schon die Menge eines Zuckerkorns in einigen Fällen zum Tod führen – Legal Highs und Research Chemicals sind extrem gefährlich. Weil in den meisten Fällen unerforscht ist, welche Substanzen genau darin enthalten sind, ist eine verantwortungsvolle Dosierung nur sehr schwer möglich.
Es gibt Zahlen des BKA zu Todesfällen durch “Neue psychoaktive Substanzen” (NPS), wie Legal Highs offiziell genannt werden. So sollen 2016 und 2017 zusammen 173 Menschen an einer Überdosis durch eine oder mehrere NPS gestorben sein. Diese Zahlen sind aber nicht aussagekräftig. Nur 60 Prozent der Menschen, die an Überdosierungen sterben, werden überhaupt obduziert, sagt die Journalistin Isabell Beer. Deshalb ist unklar, an welchen Stoffen sie letztendlich verstorben sind. Die Dunkelziffer sei hier also extrem hoch, bestätigt auch das BKA.

Die aktuelle Bundesregierung plant derzeit keine grundlegenden Änderungen ihrer Drogenpolitik. Dafür wird die Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler häufig kritisiert. Nicht nur von Youtubern wie Simon Ruane („Open Mind“). Auch führende Suchtforscher fordern eine Umkehr der Drogenpolitik. Als Beispiel wird hier häufig die Drogenpolitik Portugals genannt. Das EU-Land gilt weltweit als Vorreiter einer modernen Drogenprävention. Vor 15 Jahren, am 1. Juli 2001, hat Portugal ein Gesetz verabschiedet, das den Besitz von Drogen entkriminalisiert. Das Ziel der Politik ist klar: möglichst wenig Abhängige. Wer sich mit erlaubten Mengen erwischen lässt, muss vor einen so genannten “Ausschuss zur Bekämpfung der Drogensucht”. Ein Jurist, ein Psychologe und ein Sozialarbeiter stellen fest, ob der Konsum problematisch ist. Sie klären über Gefahren auf und bieten Therapien an. Erst wer ein zweites Mal vor so einem Ausschuss landet, kann zu einem Bußgeld oder Sozialstunden verdonnert werden. Begleitet wird das Programm von Aufklärungskampagnen und Hilfen wie Spritzentausch oder Opiatsubstitutionen.

Aktuelle Zahlen zu den Todesfällen durch Legal Highs:
https://www.drogenbeauftragte.de/presse/pressekontakt-und-mitteilungen/2019/ii-quartal/2018-verstarben-1-276-menschen-an-illegalen-drogen-drogenbeauftragte-mortler-um-leben-zu-retten-brauchen-wir-eine-funktionierende-suchthilfe-vor-ort.html

Hilfe bei Suchtproblemen findet ihr hier:
https://www.drk.de/hilfe-in-deutschland/gesundheit-und-praevention/suchtberatung/

Bei Suizidgedanken findet ihr hier Hilfe:
https://www1.wdr.de/fernsehen/aktuelle-stunde/hilfebeiausweglosensituationen100.html

Links:
ZEIT-Dossier „Josh wuchs behütet auf“
https://www.zeit.de/2019/06/drogen-abhaengigkeit-konsum-beschaffung-facebook
BKA-Rauschgift Lagebericht 2017
https://www.bka.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/JahresberichteUndLagebilder/Rauschgiftkriminalitaet/2017RauschgiftBundeslagebildZ.html?nn=27972
Europäischer Drogenbericht 2018
http://www.emcdda.europa.eu/system/files/publications/8585/20181816_TDAT18001DEN_PDF.pdf
Report Global Commission on Drugs 2018
http://www.globalcommissionondrugs.org/wp-content/uploads/2018/09/2018-Report-Media-Kit-2-ENG.pdf

Musik:
Trentemøller: Moan, Nightwalker, Gravity, Take me into your Skin, Shades of Marble, Miss You

Team: Timm Giesbers, Sarah Sanner, Tobias Budde, Katrin Schlusen, Lukas Hellbrügge, Ma Raab, Delia Emke

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